11.DIE WIRKLICHKEIT DES GLAUBENS(3/11)


Dr. Aḥmad ’Ibn ‘Abd-’r-Raḥmān al-Qāḍī

Diese Behauptungen der Waʽīdiyyah sind folgendermaßen zu widerlegen:

1. Aḷḷāh bestätigte denjenigen, die eine große Sünde begangen haben, sowohl den Glauben als auch die Bezeichnung als gläubige Brüder im Diesseits,z. B. in Seiner Aussage:

„O die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch Wiedervergeltung für die Getöteten: der Freie für den Freien, der Sklave für den Sklaven und das Weib für das Weib. Doch wenn einem von seinem Bruder etwas erlassen wird, so soll die Verfolgung (der Ansprüche) in rechtlicher Weise und die Zahlungsleistung an ihn auf ordentliche Weise geschehen.“

(2:178)

Aḷḷāh nennt hier also den Mörder Bruder des Ermordeten; und auch wenn
Er sagt:

„Und wenn zwei Gruppen von den Gläubigen miteinander kämpfen, so stiftet Frieden zwischen ihnen. Wenn die eine von ihnen gegen die andere widerrechtlich vorgeht, dann kämpft gegen diejenige, die widerrechtlich vorgeht, bis sie zu Aḷḷāhs Befehl zurückkehrt. Wenn sie zurückkehrt, dann stiftet Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit und handelt dabei gerecht. Aḷḷāh liebt ja die Gerechten. Die Gläubigen sind doch Brüder. So stiftet Frieden zwischen euren beiden Brüdern und fürchtet Aḷḷāh, auf dass ihr Erbarmen finden möget.“

(49:9-10)

bezeichnet Er die beiden kämpfenden Gruppen als gläubig und bestätigt, dass sie Glaubensbrüder sind.

2. Aḷḷāh vergibt demjenigen, dem Er will, alles – außer Beigesellung. Er bringt jeden, in dessen Herzen auch nur ein Samenkorn an Glauben ist, aus dem Höllenfeuer. Mehrere Ḥadīṯe über die Fürsprache bestätigen dies.

II. Die Murği’ah: Sie trennen die Taten vom Glauben. Mit anderen Worten beinhaltet bei ihre Definition des Glaubens und seine Wirklichkeit die Taten nicht. Auch hier gibt es Untergruppen:

1. Die so genannten Ğahmiyyah:(1)
 Nach ihnen besteht der Glaube ausschließlich aus der Bestätigung mit dem Herzen bzw. aus dem Bekenntnis mit dem Herzen. So bringe keine Sünde Schaden, solange man nur gläubig sei, und ebenso bringe keine Gehorsamkeit Nutzen, solange man ungläubig sei.

2. Die so genannten Karrāmiyyah:(2)
 Für sie bestand der Glaube ausschließlich aus den Taten der Zunge.

3. Die Murǧiʼah („Verschiebende“) unter den Fıqh-Gelehrten (Murği’at alFuqahā’): Ihre Definition des Glaubens beinhaltete die Bestätigung mit dem Herzen und die Äußerung mit der Zunge. Was die Taten angeht, so gehören sie ihrer Ansicht nach nicht zum Glauben selbst und dessen Wirklichkeit, sondern gelten vielmehr als Konsequenzen des Glaubens.

Den Murği’ah wird mit folgenden Punkten entgegnet:

1. Aḷḷāh Selbst bezeichnete die Taten als Glaube, sagt Er doch über diejenigen, die in Richtung Jerusalems (Bayt al-Maqdis) beteten und starben, bevor die Gebetsrichtung (nach Mekka) geändert wurde:

„Aber Aḷḷāh lässt nicht zu, dass euer Glaube verloren geht.“

(2:143)

Hier ist hier mit „Glaube“ das Gebet gemeint, also eine Tat.

2. Der Prophet - Aḷḷāhs Segen und Heil auf ihm - verneinte den vollkommenen Glauben derjenigen, die große Sünden begingen:

„Wenn jemand Ehebruch begeht, ist er nicht gläubig, während er sich dieses Vergehens schuldig macht. Und wenn jemand einen Diebstahl begeht, ist er nicht gläubig, während er stiehlt. Und wenn jemand Wein trinkt, ist er nicht gläubig, während er das tut.“

Übersetzung des Ḥadīṯ basierend auf: https://islamische-datenbank.de... (Anm. d. Ü.).

Al-Buḫāriyy (Nr. 2475) und Muslim (Nr. 75), berichtet von Abū Hurairah, Aḷḷāhs Wohlgefallen auf ihm; hier im Wortlaut von Muslim.

Die Grundlage der falschen Behauptungen beider Gruppen, Murği’ah und Waʽīdiyyah, besteht in ihrer Annahme, dass der Glaube eine Einheit bildet, die entweder als ganze existiert oder als ganze fehlt. So haben die Murği’ah den Glauben anerkannt, wenn man ihn lediglich mit dem Herzen oder mit der Zunge oder mit beiden bestätigt hat, auch wenn man gar nichts unternimmt. So gelten
sie als nachlässig. Hingegen haben die Waʽīdiyyah den Glauben aufgrund der kleinsten von den großen Sünden (Kabāʽir) abgestritten. So gelten sie als radikal. Die Grundlage der beiden Gruppen ist also ein und dieselbe und ihre Konsequenzen sind entgegengesetzt.

المراجع

  1. Philosophische deterministische Gruppe im zweiten Jahrhundert (islamischer Zeitrechnung), Anhänger von al-Ğahm Ibn Ṣafwān at-Tirmiḏiyy (Anm. d. Ü.).
  2. Philosophische Gruppe des theologischen Streitgesprächs (arab. ʽIlm al-Lalām) im dritten Jahrhundert (islamischer Zeitrechnung), Anhänger von Muḥammad Ibn Karrām as-Siğistāniyy
    (Anm. d. Ü.)
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