Der Zusammenhalt der Familie (teil 1 von 4): Einleitung
Gott sagt im Qur´an – in einer Passage, die der Prophet, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, häufig zu wiederholen pflegte, wenn er eine seiner Reden begann:
“O ihr Menschen, fürchtet euren Herrn, Der euch erschaffen hat aus einem einzigen Wesen; und aus ihm erschuf Er seine Gattin, und aus den beiden ließ Er viele Männer und Frauen entstehen. Und fürchtet Gott, in Dessen Namen ihr einander bittet, sowie (im Namen eurer) Blutsverwandtschaft. Wahrlich, Gott wacht über euch.” (Quran 4:1)
Die Familie bildet den Kern der ganzen Gesellschaft. Wenn die Familie auf einer soliden Grundlage steht, wird höchstwahrscheinlich auch die Gesellschaft als Ganzes in einem guten Zustand sein. Daher hielten die Gesandten Gottes, die hauptsächlichen Vorbilder für die Menschen, an der Institution der Heirat und der Familie fest. Gott sagt:
“Wahrlich, schon vor dir entsandten Wir Gesandte und gaben ihnen Frauen und Kinder…” (Quran 13:38)
Der Prophet Muhammad bestimmte ebenfalls die Ehe als seine Lebensweise, als er sagte:
“Bei Gott, ich bin der Gottesfürchtigste unter euch und ich besitze die meiste Frömmigkeit; aber ich faste und breche mein Fasten, bete [in der Nacht] und schlafe, und ich heirate Frauen. Wer sich von meiner Sunna[1] abwendet, ist nicht von mir.” (Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim)
Zweifellos betont der Islam die Verbindung und den Zusammenhalt der Familie sehr. Gelehrte des islamischen Rechts haben bemerkt, dass wenn jemand die Gesetze studiert, die im Islam zu finden sind, und die Weisheit, die sich dahinter verbirgt, so findet man heraus, dass sie bestimmt worden sind, um bestimmte Notwendigkeiten des Lebes zu stellen, beschützen, wiederherzustellen und zu am Laufen zu erhalten. Die Notwendigkeiten des Lebens, wie sie im islamischen Gesetz gesehen werden, sind folgende:
(1) Religion,
(2) Leben,
(3) Familienverbindungen und Beziehungen,
(4) geistige Unversehrtheit,
(5) Reichtum und Besitz.
Daher braucht man beispielsweise nur über die verbindlichen Gesetze, die mit der Bewahrung der Unverletzlichkeit der Familie in Verbindung stehen, nachzudenken, um den großen Wert zu verstehen, den der Islam der Familie gibt. Im “modernen Westen” werden Ehebruch und andere Taten, die die Grundfesten der Familie erheblich erschüttern, nicht als Verbrechen eingestuft.[2] Im Islam ist die Situation ganz anders. Der Islam ermahnt alle Mitglieder der Familie, einander gut zu behandeln und derart freizügige Taten zu vermeiden, die an sich schlecht sind und jeder Ehe Schaden zufügen. Gott sagt zum Beispiel:
“Und kommt der Unzucht nicht nahe; seht, das ist eine Schändlichkeit und ein übler Weg.” (Quran 17:32)
Allerding sind diese Mahnungen nicht einfach nur leere Worte. Sie werden ganz im Gegenteil bei einigen der haarsträubendsten Taten, die nicht einfach durchgehen gelassen werden können, durch die Kraft des Gesetzes gestützt. Daher befiehlt Gott:
“Peitscht die Unzüchtige und den Unzüchtigen gegebenenfalls jeweils mit hundert Peitschenhieben aus; und lasset euch angesichts dieser Vorschrift Gottes nicht von Mitleid mit den beiden ergreifen, wenn ihr an Gott und an den Jüngsten Tag glaubt. Und eine Anzahl von Gläubigen soll ihrer Pein beiwohnen.” (Quran 24:2)
Mitleid gestattet es nicht, das, was getan werden muss, zu übergehen, denn am Ende wird dieses Mitleid – und Mitleid ist etwas, das einen dazu antreibt, anderen Gutes zu tun – zu schlimmen Ergebnissen führen. Außerdem geht aus einer Aussage des Propheten, die bei al-Bukhary und Muslim berichtet wird, hervor, dass er für den Ehebrecher die Steinigung bis zum Tode angeordnet hatte. In der Tat geht der Islam noch weiter um die Unverletzlichkeit der Familie zu schützen: diejenigen, die fälschlicherweise anständige Frauen beschuldigen, etwas eine so schlimme Tat begangen zu haben, erhalten ebenfalls eine harte Strafe. Gott sagt:
“Und denjenigen, die ehrbaren Frauen (Unkeuschheit) vorwerfen, jedoch nicht vier Zeugen (dafür) beibringen, verabreicht achtzig Peitschenhiebe. Und lasset ihre Zeugenaussage niemals gelten; denn sie sind es, die Frevler sind.” (Quran 24:4)
Gott bietet der Menschheit Seine Rechtleitung im Umgang mit allen Mitgliedern der Familie. Um es kurz zu halten wird dieser Artikel einen Überblick über das angemessene Verhalten anderen Familienmitgliedern gegenüber geben – einschließlich Eltern, Kindern, Gatten und anderen Verwandten.
Die Eltern
Gott hat den Muslimen befohlen, ihre Eltern auf die bestmögliche Weise zu behandeln. Muslime müssen dankbare Menschen sein. Sie müssen Gott und allen, die ihnen Gutes tun, dankbar sein. Nach Gott gibt es vielleicht niemanden, der die Dankbarkeit eines Menschen mehr verdient, als seine Eltern. Daher berühren zahlreiche Verse des Qur´an die Frage über die Behandlung der Eltern. Tatsächlich verknüpft Gott an mehreren Stellen im Qur´an das gute Benehmen den Eltern gegenüber eng mit dem Befehl, Ihn allein anzubeten. Beispielsweise in folgendem Vers:
“Dient Gott und setzt Ihm nichts zur Seite; und seid gut zu den Eltern und zu den Verwandten, den Waisen, den Armen, dem Nachbar, sei er verwandt oder aus der Fremde, dem Begleiter an der Seite, dem Sohn des Weges und zu dem (Sklaven), den ihr von Rechts wegen besitzt. Seht, Gott liebt nicht den Hochmütigen und Prahler.” (Quran 4:36)
Gott sagt auch:
“Sprich: “Kommt her, ich will euch verlesen, was euer Herr euch verboten hat: Ihr sollt Ihm nichts zur Seite stellen und den Eltern Güte erweisen...” (Quran 6:151)
“Und dein Herr hat befohlen: “Verehrt keinen außer Ihm, und (erweist) den Eltern Güte. Wenn ein Elternteil oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sage dann nicht ´Pfui!´ zu ihnen und fahre sie nicht an, sondern sprich zu ihnen in ehrerbietiger Weise. Und senke für sie in Barmherzigkeit den Flügel der Demut und sprich: ´Mein Herr, erbarme Dich ihrer (ebenso mitleidig), wie sie mich als Kleines aufgezogen haben.´ Euer Herr weiß am besten, was in euren Seelen ist: Wenn ihr rechtgesinnt seid, dann ist Er gewiss Verzeihend gegenüber den Sich-Bekehrenden.” (Quran 17:23-25)
“Und (denke daran) als Wir mit den Kindern Israels einen Bund schlossen: ´Ihr sollt niemanden außer Gott anbeten, euch den Eltern, Verwandten, Waisen und Armen gegenüber wohltätig erweisen...” (Quran 2:83)
Der Prophet betonte ebenfalls die gute Behandlung der Eltern, indem er sie gleich nach der Verrichtung des Gebets zur rechten Zeit mit den beliebtesten Taten genannt hat. Der Prophet wurde gefragt:
“Welche Tat ist bei Gott am beliebtesten?” Er antwortete: „Das Gebet zur rechten Zeit.“ Er wurde gefragt: „Welche Tat dann?“ Er antwortete er: „Seine Pflicht gegenüber den Eltern erfüllen...“ (Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim)
Gott erinnert die Gläubigen daran, dass ihre Eltern, besonders ihre Mütter, viele Schwierigkeiten und Anstrengungen auf sich genommen haben, um ihr Kind aufzuziehen und aus diesem Grund haben sie einen Anspruch auf Liebe, Respekt und Dankbarkeit dafür. Gott sagt:
“Da sagte Luqman zu seinem Sohn, indem er ihn ermahnte: “O mein Sohn, setze Gott keine Götter zur Seite; denn Götzendienst ist wahrlich ein gewaltiges Unrecht.” Und Wir haben dem Menschen im Hinblick auf seine Eltern anbefohlen - seine Mutter trug ihn in Schwäche über Schwäche und seine Entwöhnung erfordert zwei Jahre - : „Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist die Heimkehr.” (Quran 31:13-14)
“Und Wir haben dem Menschen anbefohlen, gegen seine Eltern gütig zu sein. Seine Mutter trug ihn mit Widerwillen, und mit Widerwillen brachte sie ihn zur Welt. Und ihn zu tragen und ihn zu entwöhnen erfordert dreißig Monate, bis er dann, wenn er seine Vollkraft erlangt und vierzig Jahre erreicht hat, sagt: „Mein Herr, sporne mich an, dankbar zu sein für Deine Gnade, die Du mir und meinen Eltern erwiesen hast, und (sporne mich an,) Rechtes zu wirken, das Dir wohlgefallen mag. Und lass mir meine Nachkommenschaft rechtschaffen sein. Siehe, ich wende mich zu Dir, und ich bin einer der Gottergebenen.” (Quran 46:15)
Daher gebührt insbesondere der Mutter die größte Freundlichkeit und Nähe ihrer Kinder. Der Prophet wurde einmal gefragt:
“Wer von den Menschen hat das größte Anrecht auf meine gute Gesellschaft?“ Der Prophet antwortete: „ Deine Mutter.“ Der Mann fragte: “Und wer dann?” Der Prophet antwortete wieder: „Deine Mutter.“ Der Mann fragte: “Und wer dann?” Der Prophet antwortete wieder einmal: “Deine Mutter.” Der Mann fragte nochmal: “Und wer dann?” Dieses Mal antwortete der Prophet: “Dein Vater.” (Sahieh Muslim)
Footnotes:
[1] Sunna: Lehren und Lebensweise. (IslamReligion)
[2] 1969 wies ein englischer Richter einen Kläger zurecht, der sich über das Verhalten seiner Ehefrau seinem Freund gegenüber beschwert hatte, dass seine Denkweise altmodisch sei und dass er sich gewahr werden müsse, dass er jetzt, 1969, lebte. [Diese Geschichte wird in folgendem Buch zitiert: Yoosuf al-Aalim, Al-Maqaasid al-Aaammah li-l-Shareeah al-Islaamiyyah (Riyadh: International Islamic Publishing House, 1994), S. 397.] Heutzutage gibt es unzählige Streitigkeiten zwischenEhegatten, wobei der Ehemann leugnet, dass die Kinder in seinem Haushalt seine eigenen seien, was zu Hass, Reibereien und Zerstörung der Ehe führt. Man könnte berechtigterweise fragen: Ist es so, wie eine „moderne, zivilisierte“ Ehe aussehen sollte?