Die Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen Reinigung
Die rituelle Reinigung ist im Islam eine wichtige Voraussetzung für die Richtigkeit vieler religiöser Anbetungshandlungen. Wenn man bedenkt, dass der Muslim Wasser für die rituelle Gebetswaschung zur Verrichtung der fünf Pflichtgebete am Tag und in der Nacht braucht, sowie für weitere freiwillige Gebete (Nafila), die Waschung von der Verunreinigung und dass die Waschung für viele religiöse Ereignisse unerlässlich ist, wie etwa für das (wöchentliche) Freitagsgebet und die beiden Festgebete, so würde die Strenge in der Waschung dazu führen, dass man in Bedrängnis gerät und somit keine Lust mehr auf das Gebet hat, geschweige denn auf die Waschung.
Daher sollen im Folgenden einige Beispiele für die Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen Reinigung aufgeführt werden:
- Zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen Reinigung gehört es, dass das Wasser grundsätzlich rein ist, solange seine Farbe, sein Geruch oder sein Geschmack sich nicht geändert haben, damit der Muslim nicht in Bedrängnis gerät. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Das Wasser wird durch nichts unrein, es sei denn es verändert seinen Geruch, Geschmack oder seine Farbe.“
- Es gehört auch zur Toleranz und zur Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen Reinigung, dass er sogar den Speichel von reinen Tieren als rein betrachtet und auch wenn das Trinkwasser damit in Berührung gekommen ist, man es noch zum Trinken und Reinigen benutzen kann. So berichtet Kabscha bint Ka’b ibn Malik, die unter (i.S.v. Dienerin) abu Qatada war, dass abu Qatada nach Hause kam, und sie brachte ihm Wasser, damit er die Gebetswaschung vornimmt. Als dann eine Katze kam, stellte er ihr das Wasser hin und bemerkte, dass ich ihm zusah. Er fragte mich: „Wunderst du dich?“ Ich sagte: „Ja.“ Er sagte: „Der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) sagte: „Sie sind nicht unrein. Sie gehören zu denen, die unter euch weilen.“ (al-Mustadrak ‘ala as-Sahihain)
- Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass, wenn kein Wasser vorhanden ist oder wenn man nicht in der Lage ist, Wasser zu benutzen aufgrund von Krankheit, sonstiger Verhinderung, Bedrängnis oder wenn man aufgrund extremer Kälte Angst hat, krank zu werden oder wenn das Wasser nur zum Trinken reicht oder andere ähnliche Gründe, so ist die Ersatzabreibung mit Erde erlaubt, als Ersatz für das Wasser und Erleichterung von Allah, dem Hocherhabenen, sowie zur Vereinfachung. So sagt Allah, der Hocherhabene: (Und wenn ihr krank seid oder auf einer Reise oder jemand von euch vom Abort kommt oder ihr Frauen berührt habt und dann kein Wasser findet, so wendet euch dem guten Erdboden zu und streicht euch damit über das Gesicht und die Hände. Allah will euch keine Bedrängnis auferlegen, sondern Er will euch reinigen und Seine Gunst an euch vollenden, auf dass ihr dankbar sein möget.) (Qur`an 5:6)
- Auch zählt zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, über die Socken und über die Kopfbedeckung zu streichen, ohne diese auszuziehen, damit der Muslim nicht in Bedrängnis gerät und keine gesundheitsschädlichen Folgen, etwa aufgrund von Kälte, davonträgt.
So berichtet Ja’far ibn ‘Amr ibn Umayya adh-Dhumari von seinem Vater, der sagte:
„Ich sah den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken), als er die Gebetswaschung vollzog, und er über seine Socken bzw. Fußbedeckung und über seine Kopfbedeckung strich.“ (Sahih ibn Chuzaima)
Der Islam ist dagegen, wenn man es den Menschen erschwert und nicht erleichtert. So sagte Jabir:
„Wir waren einmal auf einer Reise, da hat sich ein Mann durch einen Stein den Kopf verletzt. Als er seine rituelle Reinheit verlor, fragte er die Gefährten des Propheten: „Steht mir eine Sondergenehmigung zu?“ Sie sagten: „Wir sehen keinen Anlass zur Sondergenehmigung, weil du in der Lage bist, das Wasser zu benutzen.“ So wusch er sich mit dem Wasser und starb (weil Wasser in die Kopfwunde eingedrungen war). Als wir dann zum Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) gingen, wurde er darüber informiert. Da sagte er: „Sie haben ihn umgebracht, möge Allah sie umbringen. Hätten sie denn nicht fragen können, wenn sie es doch nicht (genau) wussten? Wenn jemand etwas nicht weiß, so soll er fragen. Es hätte gereicht, wenn er die Ersatzabreibung gemacht und einen Verband um seine Wunde gebunden hätte. Anschließend hätte er darüber (mit nasser Hand) streichen und den Rest seines Körpers waschen können.“
- Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam, dass der Boden grundsätzlich rein ist, damit der Muslim seine religiösen Verrichtungen überall verrichten kann - außer auf Friedhöfen oder im Badezimmer bzw. auf der Toilette - solange keine klare und deutliche Unreinheit zu sehen ist. So ist das Gebet nicht von einem bestimmten Ort abhängig, wie etwa in einer Synagoge oder in einer Kirche, damit der Muslim beim Gebet nicht in Bedrängnis gerät. So sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Mir wurden fünf Dinge gegeben, die keinem vor mir gegeben wurden. Jeder Prophet wurde nur zu seinem Volk entsandt, und ich wurde zu allen Menschen entsandt. Mir wurde die (Kriegsbeute) erlaubt. Sie wurde niemandem vor mir erlaubt. Mir wurde die Erde rein und als Gebetsstätte gemacht. Wenn jemand die Gebetszeit erreicht, der bete da, wo er ist; und mir wurde durch Schrecken auf einer Entfernung von einem Monatsmarsch zum Sieg verholfen; und mir wurde die Fürsprache gegeben.“
- Auch gehört es zur Toleranz und Nachsicht des Islam im Bereich der rituellen Reinigung, dass wenn sich eine Unreinheit bzw. Schmutz auf dem Boden befindet, man dies ohne Weiteres beseitigen kann. Das wird aus der Geschichte des Beduinen sichtbar, der in der Moschee urinierte. Als die Leute ihn davon abhalten wollten, sagte der Prophet (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken):
„Lasst ihn in Ruhe und gießt danach Wasser über seinen Urin, denn ihr sollt erleichtern und nicht erschweren."
- Zur Toleranz und Nachsicht des Islam gehört auch, dass die Ausscheidungen von Tieren, dessen Fleisch man isst, rein ist, solange es kein ausgeflossenes Blut ist, sodass die Kleidung und der Ort davon nicht unrein werden, außer die Sitzplätze der Kamele. So berichtet Jabir ibn Samura, dass ein Mann den Propheten (möge Allah ihn in Ehren halten und ihm Wohlergehen schenken) fragte: „Soll ich die Gebetswaschung verrichten, wenn ich Schaffleisch gegessen habe?“ Er antwortete: „Wenn du möchtest, kannst du die Gebetswaschung vornehmen, und wenn du nicht möchtest, brauchst du die Gebetswaschung nicht vorzunehmen.“ Er fragte weiter: „Und wenn ich Kamelfleisch gegessen habe?“ Er sagte: „Ja, vollziehe die Gebetswaschung, wenn du Kamelfleisch gegessen hast!“ Er fragte: „Darf ich an den Plätzen der Schafe beten?“ Er sagte: „Ja.“ Er fragte: „An den Sitzplätzen der Kamele?“ Er sagte: „Nein.“