Das Wesen des Prophetentums
Prophetentum ist für die himmli-schen Offenbarungsreligionen, wie das Judentum und das Christentum, nichts Unbekanntes. Allerdings besitzt es im Islam einen besonderen Stellenwert und eine spezielle Bedeutung.
Gemäß dem Islam hat Gott den Menschen zu einem edlen Zweck ge-schaffen: um Ihm zu dienen und um ein rechtschaffenes Leben auf der Grundlage Seiner Lehren und Leitung zu führen. Wie könnte der Mensch seine Rolle, sowie den Sinn und Zweck seiner Existenz kennenlernen, wenn er nicht klare und praktische Anweisungen davon erhalten würde, was Gott von ihm will? Hier wird der Bedarf am Prophetentum deutlich. Also hat Gott für jedes Volk mindestens einen Propheten ausgewählt, damit er Seine Botschaft überbringt.
Jemand könnte fragen, wie die Propheten ausgesucht wurden und wem wurde diese große Ehre zuteil?
Prophetentum stellt Gottes Segen und Güte dar, die Er dem erweist, wem Er will. Wie auch immer, wenn wir die verschiedenen Gesandten der Geschichte in Augenschein nehmen, fallen drei Kennzeichen der Propheten auf:
1. Er ist moralisch und intellektuell der Beste seiner Gesellschaft. Dies ist notwendig, denn das Leben eines Propheten dient als Vorbild für sein Volk. Seine Persönlichkeit sollte die Menschen ansprechen, damit sie seine Botschaft annehmen, und sie sollten nicht von einem mangelhaften Charakter abgestoßen werden. Nachdem er die Botschaft erhalten hat, ist er unfehlbar. Das bedeutet, er würde nie irgendeine Sünde begehen. Es könnten ihm kleinere Fehler unterlaufen, die gewöhnlich durch eine Offenbarung korrigiert werden.
2. Er wird von Wundern unterstützt, die beweisen, daß er kein Betrüger ist. Diese Wunder werden von Gott mit Seiner Macht und Erlaubnis bewilligt und sie stammen normalerweise aus einem Bereich, in dem das Volk ausgezeichnet und als überlegen anerkannt ist. Wir können dies verdeutli-chen, indem wir die größten Wunder der drei Propheten der Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam aufzeigen.
Moses Zeitgenossen waren ausgezeichnete Zauberer, also war sein größtes Wunder, sich mit den besten Zauberern seiner Zeit in Ägypten zu messen. Jesus´ Zeitgenossen waren anerkannte, geschickte Ärzte, daher waren seine Wunder, den Toten zu erwecken und unheilbare Krankheiten zu heilen. Die Araber, die Zeitgenossen des Propheten Muhammads -möge Gott ihn loben- waren für ihre Beredsamkeit und ihre großartige Poesie bekannt. Deshalb war das größte Wunder des Propheten Muhammads der Quran; etwas Ähnliches konnte die ganze Gemeinschaft der arabischen Dichter und Redner nicht hervorbringen, obwohl der Quran selbst sie an mehreren Stellen dazu aufforderte. Und wieder hatte Muhammads Wunder etwas Besonderes. Alle vorherigen Wunder waren zeitlich und örtlich begrenzt; das heißt, sie wurden bestimmten Menschen zu einer bestimmten Zeit gezeigt. Nicht so das Wunder von Muhammad -möge Gott ihn loben-, der Quran. Er ist ein universelles, ewig beständiges Wunder, da er als der letzte Prophet nicht nur zu einem bestimmten Volk, sondern zu allen Menschen gesandt wurde . Frühere Generationen bezeugten dieses Wunder und zukünftige Generationen werden die wunderbare Natur des Quran in bezug auf seinen Stil, Inhalt und geistige Überlegenheit wieder bezeugen. Diese können noch immer festgestellt werden und beweisen deshalb die göttliche Herkunft des Quran.
3. Jeder Prophet betont klar und deutlich, daß das, was er erhält, nicht von ihm selbst stammt, sondern von Gott für das Wohlergehen der Menschheit. Er bestätigt das, was vor ihm offenbart wurde und was nach ihm offenbart werden wird. Ein Prophet tut dies, um zu zeigen, daß er einfach nur die Botschaft übermittelt, womit ihn der Eine Wahre Gott aller Menschen und aller Zeiten beauftragt hat. Also handelt es sich im Wesentlichen um ein und dieselbe Botschaft mit dem gleichen Sinn und Zweck. Deshalb sollte sie auch nicht von dem abweichen, was vor ihr offenbart wurde oder was nach ihr kommen könnte.
Propheten sind notwendig, damit sie Gottes Anweisungen und Rechtleitung für die Menschheit überbringen. Wir haben keine andere Möglichkeit zu erfahren, warum wir erschaffen wurden. Was wird nach unserem Tod mit uns geschehen? Gibt es ein Leben nach dem Tod? Sind wir für unsere Taten verantwortlich? Diese und viele andere Fragen über Gott, Engel, Paradies, Hölle und mehr können nicht beantwortet werden, außer durch direkte Offenbarung vom Schöpfer und Kenner des Unsichtbaren. Diese Antworten müssen zuverlässig sein und von Personen überbracht werden, denen wir vertrauen und die wir respektieren. Dies ist der Grund dafür, warum die Gesandten in ihrem Moralverhalten und ihren intellektuellen Fähigkeiten zur Elite ihrer Gesellschaften gehörten.
Daher akzeptieren Muslime die verleumderischen biblischen Geschichten über manche der großen Propheten nicht. Beispielsweise wird von Lot berichtet, er habe betrunken mit seinen Töchtern Unzucht getrieben. Von David wird behauptet, einen seiner Führer in den Tod geschickt zu haben, um dessen Frau heiraten zu können. Für Muslime sind die Propheten viel zu großartig, als daß solcherlei Geschichten über sie erzählt werden können. Aus der islamischen Sichtweise können derartige Darstellungen gar nicht wahr sein.
Die Propheten wurden von Gott auf wunderbare Weise unterstützt und angewiesen, die Beständigkeit der Botschaft zu bestätigen. Der Inhalt der Botschaft aller Propheten an die Menschen kann folgendermaßen zusammengefaßt werden:
a) Klares Konzept von Gott: Seine Eigenschaften, Seine Schöpfung, was Ihm beigemessen werden sollte und was nicht
b) Klare Vorstellung von der unsichtbaren Welt, den Engeln, den ذinn (Geschöpfe Gottes neben den Menschen), Paradies und Hölle
c) Warum Gott uns geschaffen hat, was Er von uns verlangt und welche Beloh-nungen und Strafen uns für unseren Gehorsam oder Ungehorsam erwarten
d) Wie wir unsere Gesellschaften nach Seinem Willen leiten. Das heißt, klare Anweisungen und Gesetze die, wenn sie korrekt und ehrlich angewandt werden, eine reibungslos funktionierende, harmonische Gesellschaft bewirken
Aus der obrigen Erläuterung geht ganz deutlich hervor, daß es keinen Ersatz für die Propheten gibt. Selbst mit dem wissenschaftlichen Fortschritt heutzutage stellt die Offenbarung die einzige authentische Informationsquelle über die übernatürliche Welt dar. Die Rechtleitung kann man weder durch die Wissenschaften noch durch mystische Experimente erhalten. Die erste ist zu materiell und begrenzt; die zweite ist zu subjektiv und gewöhnlich irreführend.